Interview: Unser Kunde Stefan hat mit seiner R 1250 GS an der BMW GS-Trophy-Qualifier 2021 teilgenommen.
Daniel/Fa. Hänsle: Hallo Stefan, manche sagen „Quäl-ifier“ zu diesem Wettbewerb von BMW, wie war es für Dich als mehrfacher Teilnehmer dieses Mal?
Stefan (lacht): Auf alle Fälle waren die zwei Fahrtage anders als bisher. Das liegt daran, dass der Veranstalter gewechselt hat. Bisher war das Touratech im Schwarzwald, aktuell ist es das Enduro Action Team in Sachsen, jeweils in Verbindung mit BMW Deutschland. Die Konzepte unterscheiden sich stark: Im Schwarzwald waren weit verteilt 20 Stationen für Offroad- oder Geschicklichkeitsprüfungen anzufahren, dazu noch vier lange Roadbookstrecken. Deshalb war eine eigene Strategie zu entwickeln, wie man das alles zusammenbringt und per Navi möglichst effektiv programmiert und ansteuert: Am Ende war man zwei Tage in Action, 800 KM on- und offroad unterwegs. In Sachsen war alles kompakt auf einem Endurogelände, es gab dort 14 Stationen, zu denen man per Guide und in kleinen Gruppen geführt wurde, Pausen inklusive. Ich denke, da kamen keine 100 KM zusammen. Im Schwarzwald waren zuletzt 300 Teilnehmer, in Sachsen wurden rund 400 Bewerber per Videoauswahl auf 50 Teilnehmer – 40 Männer und 10 Frauen – reduziert. Gleich blieb, dass es neben den reinen Fahrsektionen auch Glück-, Team- und Geschicklichkeitsaufgaben zu bewältigen gab. Insgesamt ist aktuell für die Fahrer aufgrund fehlender Navigations- und Roadbookaufgaben und weniger Fahrstrecke auch geringere Ausdauer und Vielseitigkeit gefragt – es bleibt aber ein Enduro-Event. Andererseits ist das für den Veranstalter jetzt kompakter zu organisieren und zu bewerten. Daneben ist das Ganze auch mit geringerem Genehmigungsaufwand verbunden und verkehrssicherer abzuwickeln.
Wir hier im Südbadischen schaffen echt zusammen, das hat mich sehr beeindruckt!
Daniel: Bei allen Unterschieden: Du warst schon mal Finalist, was kam dieses Mal für Dich raus?
Stefan: Dieses Mal hat es mit Platz 8 wieder für eine Platzierung unter den Top-Ten gereicht.
Daniel: Glückwunsch! Damit warst Du dann auch wieder im Finale, oder?
Stefan: Leider nur fast! Bislang war man bis Platz 9 bei den Männern stets im Finale, welches am Ende des zweiten Tages unter diesen Bestplatzierten ausgefahren wird. Dieses Jahr abweichend, wurden die bestplatzierten 6 Männer und 4 Frauen in den Finallauf geschickt und daraus – wie früher – drei Männer und zwei Frauen ermittelt. Die besten 3 Jungs bilden dann im Folgejahr direkt das Team Deutschland bei der internationalen GS-Trophy, die stets in einem Land ausgetragen wird, welches weitreichende Offroadmöglichkeiten bietet – das wird 2022 Albanien sein. Eine tolle Sache, so eine Art „Spiel ohne Grenzen“ nur mit GS-Motorrädern. Es ist sicher spannend gegen Teams aus Kanada, USA, Frankreich, Italien oder Südafrika zu fahren. Bei den Frauen weicht das Procedere übrigens ab: Die im Finale gefahrenen Punkte werden international mit weiteren 15 Nationenergebnissen verglichen und anschließend werden schlicht die weltweit punktbesten Frauen in 6 internationalen Teams zusammen mit den 16 Länderteams der Männer in Albanien auf die Piste gehen. Das Finale war deshalb erstmals von BMW normiert und damit nicht ganz so spannend ausgesteckt wie in den Vorjahren. Es bestand zudem Foto- und Filmverbot – damit die Damen aus anderen Ländern sich nicht per Internet gezielter vorbereiten können, als die hiesigen.
Daniel: Es wurde also viel geändert, hast Du auch anders dafür trainiert?
Stefan: Ja, zwangläufig. An dieser Stelle muss ich erstmal herzlichen Dank ausrichten: Das Bewerbungsvideo musste innerhalb von Tagen abgeliefert werden, da hat mein Freund Jochen aus Oberkirch ganze Arbeit abgeliefert! Dann waren erstmals nur Zweizylinder-GS-Modelle zugelassen, ich hatte aber eine Einzylinder-XChallenge in der Garage stehen. Da habe ich Dich und Hänsle-Motorsport um Mithilfe gebeten: Innerhalb von drei Wochen hast Du mir schneller und preiswerter – als ich das parallel auf dem freien Markt erhalten hätte – zwei Gebrauchte präsentiert, wovon eine GS 1250 optimal für meine Zwecke gepasst hat. Ja und dann sollte man sich bei so einem Umstieg von 150 KG auf 250 KG Motorradgewicht auch ordentlich vorbereiten: Da hat Berni Stehlin von Stehlin-Motorradtraining doch glatt seinen Offroadtrainingsplatz in Kenzingen zum Trainieren zur Verfügung gestellt – und zwar allen Fahrern, die von BMW für den Qualifier 2021 angenommen wurden! Ich muss sagen: Wir hier im Südbadischen schaffen echt zusammen, das hat mich sehr beeindruckt!
Daniel: Ja, Danke und keine Ursache. Aber sag‘ mal, was musste man jetzt vor Ort genau leisten?
Stefan: In erster Linie Offroad-Fähigkeiten beweisen, entweder auf Fahrstrecken oder künstlich aufgebauten Sektionen. Da war alles dabei: Lange, tiefe und hügelige Sandpisten, Waldpfade mit Wurzeln und Steinen, Steilhänge und Wasserfurten. Baumstämme, Wippen und Balken waren in unterschiedlichsten Schwierigkeiten zu überfahren. Wenn es regnet, verschärft sich alles noch mal. Es gibt auch völlig Ungewöhnliches, wie eine Vollbremsung auf einem überdimensionalen Rollbrett oder andere Dinge, die man nie zuvor gesehen hat und wo man einfach Glück haben muss, dass das dann mit möglichst vielen Punkten klappt. Zwei Trends waren erkennbar: Diverse Sektionen erforderten häufiges Fahren am Lenkanschlag innerhalb von Begrenzungen und natürlich ohne die Füße absetzen zu müssen: Da sollte man richtig fit sein. Ferner waren Brems- und Beschleunigungsdrifts gefragter denn je, um beispielsweise gezielt Reifen oder Pylonen mit dem Hinterrad zu treffen und zu verschieben. Bei fast allen Sektionen ging es um die Kombination aus Offroad und Geschicklichkeit und manchmal auch um die zügigste Fahrzeit. Beispielsweise musste man je Runde einen übernommenen Gegenstand nicht nur einen Steilhang hochtransportieren, sondern dann noch treffsicher in eine Kiste werfen. Oder man fuhr einen knifflig engen Trampelpfad im Wald und musste nebenher Schilder in den Bäumen entdecken und die dort abgelesenen Zahlen von der eigenen Startnummer gedanklich addieren oder subtrahieren – je nach aufgedruckter Farbgebung – da kommt man schon mal ins Rotieren. Die eigene Merk- und Rechenfähigkeit war Bestandteil mehrerer Prüfungen und dann gab es auch noch täglich eine Teamaufgabe, hier durfte man zusammen mit weiteren sieben bis acht Teilnehmern gemeinsam die Lösung für eine Aufgabe finden und diese anschließend möglichst zügig und erfolgreich durchführen und dadurch Punkte sammeln.
Daniel: Meine Güte, man kann also nicht einfach nur drauf losfahren?
Stefan: Nein, das Ganze ist ein Überraschungspaket. Man kann sich beim Punktesammeln auch nicht ausschließlich auf sich selbst verlassen, manchmal hängt man vom Glück oder vom Teamerfolg ab. Aber das ist vielleicht auch ganz gut so, denn das gemeinsame Erlebnis macht diese Veranstaltung zu etwas Besonderem: Zwei Tage voller Einsatz schweißt alle zusammen – man wischt sich am Ende den Staub oder Matsch aus dem Gesicht und gönnt denen, die ganz vorne gelandet sind, dass Sie im Folgejahr Deutschland mit vollem Elan vertreten!
Daniel: Toll! Was hat Dich bisher am meisten beindruckt?
Stefan: Ehrlich gesagt beeindrucken mich die Veranstalter – der Aufwand für die Sektionen und die Punktebewertung, für Catering und Sicherheit über zwei Tage ist enorm. In Sachsen waren mehr Helfer am Start als Aktive! Im Schwarzwald waren viele Vereine ehrenamtlich involviert, die die Sektionen gestalten haben – in Sachsen der örtliche Motorsportverein zusammen mit dem Veranstalter. Absolut faszinierend ist die Phantasie, mit der die Aufgaben ausgedacht und umgesetzt werden. Das gilt für die frühere Veranstaltung im Schwarzwald – die übrigens markenoffen für Reiseenduros als Active Adventure für das reine Fahrerlebnis weiterlebt – genauso, wie in Sachsen.
Daniel: Super, da kann man also hier vor Ort mit seiner Enduro in das Thema reinschnuppern! Vielen Dank Stefan für den Bericht und die Bilder!
Stefan: Gerne, ich habe zu danken!
Bilder: BMW Motorrad Deutschland, Amelie Mesecke